Der Einbeinige

Der Einbeinige
10/06/2023 Rahel Noser

Die Kihomboza-Gruppe ist eine von sechs Schimpansengruppen in Westuganda, die das Bulindi-Projekt derzeit eng begleitet. Der Wald dieser Schimpansen war auf dem Papier zwar geschützt. Trotzdem ist er innert weniger Jahren verschwunden. Die Behörden konnten dem grossen Interesse der Menschen, Land zu gewinnen und an Investoren zu verkaufen, schlicht nicht genug entgegensetzen.

Die Gruppe zählt heute 15 Mitglieder und ist wahrscheinlich am Schrumpfen. Diese Tiere mussten innert kürzester Zeit, während ihr Wald verschwand, ihre Ernährung umstellen. Sie leben nun auf dem Gebiet von zehn Dörfern und fressen eine Vielfalt von Feldfrüchten. Der Konflikt ist längst entbrannt.

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Peace, hier mit ihrem jüngsten Kind, ist eine von sechs erwachsenen Schimpansinnen der Kihomboza-Gruppe.

Erst anfangs Jahr verschwand ein gesunder Schimpansenmann von einem Tag auf den anderen – das Projektteam befürchtet das Schlimmste.

Trauriger Zeuge des Konflikts ist auch der Alpha-Mann der Kihomboza-Gruppe, der einbeinige Emmanuel. Sein Bein ist oberhalb des Knies amputiert, wahrscheinlich die Folge einer Verletzung durch eine illegale Falle. Erstaunlicherweise schafft es „Emma“, trotz Verstümmelung an der Macht zu bleiben.

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Alpha-Mann Emmanuel verlor in einer Falle sein rechtes Bein.

Das Projektteam hat im Jahr 2022 den intensiven Dialog mit Erwachsenen und Schulkindern der Dörfer im Streifgebiet von Emmanuels Gruppe aufgenommen. Mancherorts berichten die Menschen, sie sähen die Schimpansen erst seit Kurzem. Vielleicht ein Hinweis, dass die Gruppe ihr Streifgebiet auf der Suche nach geeigneter Nahrung immer noch ausweitet.

Doch es gibt auch Hoffnung. Interessierte Familien können durch das Projekt einen energiesparenden Kochherd samt Anleitung zur Instandhaltung beziehen und so mithelfen, den Druck auf die bestehenden Wälder zu vermindern. Die Nachfrage nach diesen Kochherden ist stets gross.

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Die Kihomboza-Gruppe ernährt sich von einer grossen Vielfalt an Pflanzen, welche die Menschen anpflanzen. Im Bild Schimpansin Charity beim Abreissen der Rinde eines Eukalyptus-Baumes.

Familien, die noch natürliche Waldstücke besitzen, können sich für Unterstützung für die Schulgebühren ihrer Kinder bewerben. Wenn sie regelmässig nachweisen, dass sie die Waldfragmente erfolgreich schützen, können sie ihre Kinder gratis zur Schule schicken. So klein diese Fragmente auch sind, sie sind wichtige Rückzugsinseln für die Schimpansen.

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Reginas Eltern bezahlen keine Schulgebühren für ihre Kinder, weil die Familie ein Stück natürlichen Wald langfristig schützt.

Und ausserdem wichtig: Dank dem Projekt pflanzten letztes Jahr wieder rund 1‘000 Familien über eine Million Bäume auf ihrem Land. Davon sind rund ein Drittel einheimische Bäume, welche die bestehenden natürlichen Waldfragmente aufwerten.

Im April und Mai 2023 gelangten die nächsten 575‘000 Setzlinge in den Boden, und in den projekteigenen Baumschulen stehen nun bereits die nächsten 500‘000 Setzlinge bereit. Sie werden Ende 2023 gepflanzt, sobald die Regenzeit einsetzt.