Nimba-Projekt, Guinea

Schimpansen verschwinden in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet in atemberaubendem Tempo. Besonders betroffen ist die Unterart der Westlichen Schimpansen (Pan troglodytes verus), die in einigen Ländern Westafrikas leben und auf der Roten Liste der IUCN als „vom Aussterben bedroht“ („critically endangered“) gelistet werden. Die rasch fortschreitende Abholzung der Wälder, aber auch Wilderei und Krankheiten treiben diese Tiere immer näher an den Rand des Aussterbens.

Das Land mit den meisten Schimpansen in Westafrika ist Guinea. Auch hier sind die Populationen am Schrumpfen – leider auch diejenigen, die in Schutzgebieten leben.

Wir begleiten und unterstützen hier das langfristige Forschungs- und Artenschutzprojekt von Prof. Kathelijne Koops und Dr. Maegan Fitzgerald und ihrem Team in den Nimba-Bergen, die im Dreiländereck von Guinea, Elfenbeinküste und Liberia liegen.

Die Nimba-Berge sind ein UNESCO-Welterbe und unter anderem als Wasserschloss für Millionen von Menschen in der Region von grösster Bedeutung. Die Artenvielfalt hier ist reich, viele Arten kommen sonst nirgendwo auf der Erde vor. Hier leben mindestens neun Primatenarten, darunter eine unbekannte Anzahl Schimpansen.

Obwohl die Wichtigkeit eines intakten Ökosystems erkannt wurde, gerät das Gebiet durch Wilderei und die Umnutzung des Bodens in Landwirtschaftsfläche immer stärker unter Druck. Weil die Nimba-Berge ausserdem viel Eisenerz enthalten, stellt der Bergbau eine ernste und unmittelbare Bedrohung für die Natur dar.

Das Projektteam betreibt hier seit 2003 den Schimpansen-Studienort Seringbara, der im Nimba Strict Nature Reserve liegt. Er befindet sich an der nordwestlichen Bergflanke des Mont Nimba auf einer Fläche von rund 30 km2. Die Schimpansen hier leben in unwegsamem Gelände und sind nicht vollständig an menschliche Beobachtende gewöhnt. Zwei Feldteams unter der Leitung von Henry Camara und Gnan Mamy – beide sind langjährige lokale Mitarbeiter im Projekt – beobachten die Tiere direkt, aber auch indirekt mittels bewegungssensitiver Kameras, die an dutzenden wichtigen Orten im Wald aufgestellt sind und die Schimpansen, aber natürlich auch zahlreiche andere Arten dokumentieren.

Die Teams sind während 20 Tagen pro Monat zu Fuss auf dem Berg unterwegs. Sie übernachten in zwei einfachen Camps im Wald. Neben dem Bedienen der Kameras sammeln und interpretieren sie Daten über die Spuren und Geräusche der Schimpansen und anderer Tiere im Wald. Sie sammeln Kotproben, die später im Labor auf genetische Eigenschaften und Krankheiten untersucht werden. Ausserdem sammeln sie Daten über illegale Aktivitäten und Spuren von Wilderern und zerstören Wildererfallen. Das Projekt hat seine Büroräumlichkeiten im nahen Bossou und arbeitet eng mit der lokalen Forschungsbehörde IREB (Institut de Recherche Environnementale de Bossou) zusammen.

Dank dem Projektteam wissen wir, dass im Studiengebiet von Seringbara zwei Schimpansengruppen von insgesamt rund 100 erwachsenen Tieren leben. Sie haben ein einzigartiges Verhaltensrepertoire, das sie von der nur wenige Kilometer entfernten Bossou-Gruppe unterscheidet. So schlafen sie aussergewöhnlich oft in Bodennestern anstatt in Bäumen und ernähren sich unter anderem von Süsswasserkrabben, die in den Bergbächen leben.

Das Projekt leistet wissenschaftliche Forschung über die Kultur und Kommunikation, die Ökologie und die Nutzung des Lebensraums der Schimpansen im Forschungsgebiet Seringbara. Es bringt wichtiges Knowhow in die Region: Es fördert durch Schulungen die Kapazitäten der Teammitglieder, der Mitarbeiter der Forschungsbehörde sowie von lokalen Studentinnen und Studenten im Umgang mit GPS/GIS, bewegungssensitiven Kameras und mobiler Datenerfassung und -analyse. Diese Fähigkeiten bilden einen wichtigen Grundstein für den Naturschutz in der Region. Ausserdem engagiert sich das Projekt in den Dörfern am Fusse des Berges, sensibilisiert Kinder und Erwachsene für den Wald und seine Bewohner und lanciert mit ihnen Initiativen zur nachhaltigen Entwicklung.

Wir stellen sicher, dass die gut etablierte, wichtige Zusammenarbeit der beiden Projektleiterinnen mit dem lokalen Feldteam durch regelmässige Treffen im Feld fortgesetzt wird, dass dieses seine Arbeit auf dem Boden langfristig fortsetzen und seine Aktivitäten im Natur- und Artenschutz auch mit den Menschen vor Ort in den kommenden Jahren ausbauen kann.