Alles gut, wir spielen nur

Alles gut, wir spielen nur
16/02/2024 Rahel Noser

Mit dem sozialen Spiel ist es auch bei Schimpansenkindern so eine Sache. Mit zunehmender Intensität wird das Spiel zwar lustiger, aber es steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass es plötzlich in Aggression umschlägt und eines der Kinder – meist das Kleinere – zu schreien beginnt. Was natürlich sofort seine Mutter auf den Plan ruft, die ihr Kind rettet. Das ist dann das Ende des Spiels.

Sehr kleine Schimpansenkinder werden beim Spielen von ihren Müttern noch mit Argusaugen überwacht und bei der kleinsten Gefahr sofort aus dem Verkehr gezogen. Doch die mütterliche Kontrolle nimmt ab, je älter und robuster die Kleinen werden.

Wer mit einem jüngeren Kind spielt, hat es darum nicht nur mit einem kleineren Gegenüber zu tun, sondern auch mit seiner Mutter, die ihr Kind je nach Alter unter strenger Beobachtung behält. Die eigene Mutter hingegen schaut nicht mehr so genau hin.

Schimpansen mit Spielgesicht halten ihre Münder locker offen, die unteren Zahnreihen sind sichtbar, manchmal auch ein Teil der oberen. Im Video zu hören ist auch das charakteristische Lachen, lautes Ein- und Ausatmen, das oft das Spiel begleitet. @ JGI / Bill Wallauer

Diese soziale Gegebenheit scheinen die Kinder im Kopf zu haben, wenn sie spielen. Eine Studie mit Schimpansen im Zoo zeigte, dass Schimpansenkinder weniger intensiv miteinander spielen, je grösser ihr Altersunterschied ist. Das ältere Kind scheint sich zurückzunehmen und dem Spiel des kleineren anzupassen.

Je kleiner jedoch der Altersunterschied zweier Kinder ist, desto intensiver und gewagter wird ihr Spiel – und desto ausgeprägter werden auch die Gesichtsausdrücke – die sogenannten “Spielgesichter” -, mit denen sie sich gegenseitig versichern: „Auch wenn es gerade ruppig zu und und her geht – dies ist nur ein Spiel“.

Richtig spannend wird es, wenn zusätzlich noch die Mutter des jüngeren Kindes in der Nähe ist – wir erinnern uns: strenge Beobachtung. Dann zeigen beide Kinder ihre ausdruckstärksten Spielgesichter, die sie nur machen können.

Interessant: Wenn nicht die Mutter des jüngeren, sondern diejenige des älteren Kindes zugegen ist, ist die Ausprägung der Spielgesichter lange nicht so stark.

Die Kinder scheinen demnach vorwegzunehmen, was die Mutter des jüngeren Kindes zu tun beabsichtigt: Beim kleinsten Anzeichen von Unwohlsein ihres Zöglings einzugreifen und das Spiel ein für allemal zu beenden. Wenn die Mutter hingegen überzeugt werden kann: „Alles gut, hier wird gespielt“, dauert das Spiel richtig lange.

Flack, JC, Jeannotte, LA and de Waal, FBM 2004: Play Signaling and the Perception of Social Rules by Juvenile Chimpanzees (Pan troglodytes). J Comp Psychol 118-2, 2004