Dank Teamwork kamen im Jahr 2023 die vier Schimpansen Tina, Januario, Walter und Jose aus Angola nach Tchimpounga. Sie hatten jahrelang unter schlimmen Bedingungen als Haus- und Schautiere gelebt. Nun erhalten sie eine zweite Chance auf ein Leben, das ihrer Art entspricht. Die Rettungsaktion konnte dank eines Spenders aus der Schweiz umgesetzt werden.
Die Ausgangslage war so einfach wie traurig. Schimpansen sind zwar in Angola wie in ihrem ganzen Verbreitungsgebiet streng geschützt. Doch weil es im Land keine Schutzstation für Menschenaffen gibt, ist es für die Behörden vor Ort ein Problem, illegal gehaltene Schimpansen zu konfiszieren. Niemand möchte sich die Betreuung eines erwachsenen Schimpansen aufhalsen. Denn ihre Haltung ist anspruchsvoll und teuer, und die Lebenserwartung lang!
Aus diesem Grund vegetierten die Schimpansen Tina, Januario, Walter und José lange Jahre unter misslichen Bedinungen in den Händen von Laien. Niemand setzte sich für sie ein. Bis das Team von Tchimpounga von den vieren erfuhr. Es holte sie in einer grossen Rettungsaktion über die Grenze zu sich in die Republik Kongo.
Die Rettung – endlich
Das Team reiste von Tchimpounga über die Grenze nach Angola. Zuerst machte es in der Stadt Cabinda Halt. Hier lebten Tina, Walter und Januario. Obwohl Walter fröhlich und gesellig ist, war er stark traumatisiert. Er hatte wie die anderen mit Glück einen Überfall von Wilderern überlebt und war lange Jahre als Haustier missbraucht worden. Dass er sein Selbstvertrauen behalten konnte, ist ein kleines Wunder. Doch sobald Walter sich einsam fühlt, tritt auch heute noch sein Trauma zutage. Dann umarmt er seine Knie und schaukelt vor und zurück im Versuch, sich zu beruhigen.
Jose ist etwas älter als Walter und war sehr verängstigt. Seine Geschichte kennen wir nicht. Aber es bestand kein Zweifel: Auch er war stark traumatisiert. Er fürchtete sich vor Berührungen durch Menschen. Sobald sich die Tür seines Geheges öffnete, geriet er in Panik und versuchte zu fliehen.

Tina
Tina ist ein sanftes, älteres Schimpansenweibchen, das von einer angesehenen Familie während 13 Jahren als Haustier gehalten wurde. Sie wurde von den Menschen geliebt. Aber sie war einsam – vor vielen Jahren war ihr Lebensgefährte gestorben, der mit ihr im Käfig gelebt hatte. Welche Spuren die vielen Tage der Einsamkeit bei ihr hinterlassen haben, wird erst die Zeit zeigen.
Mit Tina, Walter und Jose im Schlepptau fuhr das Team nach Norden zum Maiombe Nationalpark. Dort wartete Januario auf sie. Er war im Jahr 2022 aus einem Stahlwerk gerettet worden, wo er elf Jahre lang in einem zugeschweissten Käfig gelebt hatte. Sein Gesundheitszustand war damals bedenklich gewesen. Er war völlig dehydriert, sein Arm war gebrochen. Das Team hatte ihn vor Ort behandelt und dann in einem provisorischen Gehege im Nationalpark untergebracht. Weil seine CITES-Papiere sich verzögert hatten, musste er dort monatelang ausharren – doch immerhin wurde er gut betreut. 2023 klappte es dann endlich mit seinen Papieren, dem Transfer nach Tchimpounga stand nichts mehr im Weg.

Wichtige Zusammenarbeit
Walter, Jose, Januario und Tina hätten nicht nach Tchimpounga kommen können ohne Zusammenarbeit vieler Menschen und Institutionen. Darunter ist das engagierte Team der Partnerorganisation Wild at Life, welche die vier Schimpansen in Angola gefunden und sich vor dem Transport um sie gekümmert hatte.
Die Zusammenarbeit mit den Behörden Angolas und der Republik Kongo sowie mit CITES, (der Konvention über den internationalen Handel mit gefährdeten Wildtieren und -pflanzen) war wichtig, um die erforderlichen Genehmigungen für den Transport zu erhalten.
Wir hatten das grosse Glück, in der Schweiz einen grosszügigen Spender zu finden, dem das Wohlbefinden von Tina, Januario, Walter und Jose ein grosses Anliegen war. Er ermöglichte schlussendlich den internationalen Transport und die professionelle Unterbringung in Tchimpounga.

Besonders dankbar sind wir dem Team von Tchimpounga, das den Transport ermöglichte, und das bis heute und in den kommenden Jahren und Jahrzehnten um das Wohl der vier Schimpansen besorgt ist.
Fachkundige Pflege und viel Geduld
Unterdessen haben sich Walter, Jose, Januario und Tina in Tchimpounga eingelebt. Das Team kümmert sich täglich um ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden.
Die Eingewöhnung der beiden Kinder war unkompliziert. Walter und Jose wurden noch während der Quarantänezeit miteinander bekannt gemacht. Danach führte das Team sie in die bereits Kindergruppe ein. Diese Gruppe verbringt ihre Tage im grossen Freigehege, wo die Kinder spielen und ausgiebig auf dem Spielplatz herumklettern.
Walter knüpfte rasch neue Freundschaften. Jose wird noch etwas mehr Zeit brauchen, bis er sein Trauma verarbeitet hat. Die anderen Kinder werden ihm helfen, seine Ängste zu überwinden und Selbstvertrauen aufzubauen.

Januario und Tina, die jahrelang allein gelebt hatten, brauchen viel Zeit, um sich an ihre neue Umgebung anzupassen. Sie wurden anfangs miteinander bekannt gemacht und so einquartiert, dass sie eine kleine Gruppe Erwachsener – Tchimpoungas Gruppe 4 – aus der Ferne beobachten konnten. Dann wurden sie mit den Tieren zusammengeführt. Die erste Begegnung mit dem freundlichen Mbebo war für Januario wichtig: Es war der erste männliche Schimpanse, dem er begegnete, seit er als Baby von seiner Mutter getrennt worden war.

Warum dies wichtig ist
Die Rettungsaktion spielte sich in der angolanischen Exklave Cabinda ab, wo im Maiombe Nationalpark wilde Schimpansen und Gorillas leben – und wie im gesamten Verbreitungsgebiet durch menschliche Aktivitäten bedroht sind. Sie ist eingebettet in den Aktionsplan 2015 – 2025 zur Erhaltung der westlichen Flachlandgorillas und der Zentralschimpansen der IUCN, der den Maiombe-Wald als besonders schützenswert klassifiziert.
Bis anhin gibt es in Angola keine Schutzstation für Schimpansen. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Durchsetzung der Schutzgesetze im Land: Wo Schutzstationen fehlen, ist es den Behörden nicht möglich, illegal gehaltene Tiere zu konfiszieren und Strafen zu verhängen. Um dies in Angola zu ändern, hat die Schutzstation Tchimpounga in den letzten Jahren viele Schimpansen aus dem Nachbarland zu sich genommen.
Der illegale Wildtierhandel
Jedes Jahr geraten ungezählte Schimpansenkinder in den illegalen Wildtierhandel. Er ist ein illegales, aber leider lukratives Geschäft. Diese Kinder wurden wild geboren, werden aber von Wilderern aus den Armen ihrer Mütter gerissen. Während das Fleisch der Erwachsenen als Delikatesse auf dem Markt hohe Preise erzielt, gibt es eine Nachfrage nach den Kindern als Haus- oder Schautiere.

Diese Tiere fehlen in ihren Wäldern für die Sicherung ihres Bestandes. Wilderei verursacht aber auch enorm viel Leid: Die überlebenden Schimpansenkinder verpassen ein Leben in anregender Umgebung, das sie so sehr brauchen. Insbesondere fehlt ihnen die Sozialisierung mit ihren Müttern und den anderen Tieren ihrer Gruppe, die für eine gesunde Entwicklung und das Wohlbefinden wichtig sind.
Tina, Januario, Walter und Jose sind nur vier von zahlreichen Schimpansen, die schliesslich in einer Schutzstation in Afrika professionelle Pflege erhalten. Weil Schimpansen lange leben, übernehmen die Schutzstationen mit jedem neuen Tier eine lange und teure Aufgabe. Allein in Tchimpounga, der grössten Schutzstation Afrikas, leben heute 157 Schimpansen – inklusive Walter, Jose, Januario und Tina.
Angesichts der vielen Schimpansenkinder, die aus dem illegalen Handel in die Schutzstationen kommen, besteht kein Zweifel: Wenn uns das Wohlergehen unserer Kinder und Kindeskinder ein Anliegen ist, müssen wir die tropischen Wälder Afrikas samt allen ihren Bewohnern dringend besser schützen. Von ihrem Wohlergehen hängt auch unseres ab.
Die Schutzstationen leisten einen wichtigen Beitrag dazu.
